Mittwoch, 15. August 2012

Prometheus - Dunkle Zeichen


USA 2012 - Originaltitel: Prometheus - Regie: Ridley Scott - Darsteller: Noomi Rapace, Michael Fassbender, Guy Pearce, Idris Elba, Logan Marshall-Green, Charlize Theron, Rafe Spall, Sean Harris - Prädikat: wertvoll - FSK: ab 16 - Länge: 124 min. 

Am Anfang ist man nicht im All. Ein Raumschiff gleitet elegant über eine Landschaft, die durchaus unsere Erde sein könnte. Oder auch nicht. Nahe eines Wasserfalls steht ein humanoides, aber bleichgesichtiges Wesen, das ganz sicher nicht Mitglied unserer Spezies ist. Der Mann trinkt aus einem kleinen Behälter und zerfällt unter Krämpfen in seine molekularen Bestandteile, die vom Wasser davon gespült werden. In einer Großaufnahme sieht man Fetzen des ursprünglichen DNA-Stranges durchs Wasser trudeln.
So kam also Leben auf unseren und wohl auch andere Planeten? Dank eines rituellen Opfer und durch den Tod des Schöpfers? Ein paar genetische Fragmente, von denen man sicher nicht wissen kann, was so alles aus ihnen hervorgeht? Genesis als Experiment ... Eine Schöpferrasse, die auf das Prinzip Zufall setzt? Das kann in die Hose gehen, da muss man schon mal nachbessern dürfen.

"Big things have small beginnings" (David)
„Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne“ (Hermann Hesse)

Elizabeth Shaw (Noomi Rapace) muss Hesse gelesen haben. Sie ist eine spirituelle, eigentlich schon tief religiöse Frau, die an beseelte Ursprünge der menschlichen Existenz auf diesem Planeten glaubt. Charlie Holloway (Logan Marshall-Green) ist da ein Stück pragmatischer. Im Jahre 2089 entdecken die beiden Archäologen in einer Höhle imposante Wandmalereien, auf denen die Ureinwohner der schottischen Isle of Skye und, wie Shaw glaubt, riesige „Besucher“ aus einer anderen Welt zu sehen sind. Sie nennt die Riesen „Konstrukteure“, während Hinweise an den Höhlenwände auf das 40 Lichtjahre entfernte Sonnensystem Zeta Reticuli[1] hindeuten.
Vier Jahre später fliegt das von der Weyland Industries gebaute Raumschiff Prometheus zum erdähnlichen Mond LV-223. Mit an Bord sind neben Shaw und Holloway und einem Dutzend Besatzungsmitgliedern die Expeditionsleiterin Meredith Vickers (Charlize Theron), Janek (Idris Elba), der Kapitän des Schiffs, und der Androide David (Michael Fassbender). Während der fast 100-jährige Unternehmens-Tycoon Peter Weyland per Holo-Botschaft auf die Missionsziele einstimmt, ist Shaw nach wie vor davon überzeugt, auf LV-223 den Konstrukteuren der menschlichen Rasse gegenübertreten zu können. Und natürlich, um Fragen zu stellen: Wo kommen wir her? Und wer hat die Konstrukteure erschaffen?

„Prometheus“ legt mit den ersten Bildern den bekannten mythologischen und auch genretopologischen Kern der Alien-Saga fest: die verhängnisvolle Reise von mehr oder weniger unfreiwilligen Entdeckern, die allerdings nicht ins Gelobte Land, sondern in den Tod führt und dabei eine Monstrosität heraufbeschwören wird, die schlimmer ist, als man sich es in den schlimmsten Träumen vorzustellen vermochte.
Zu dieser Mythologie gehören selbstverständlich auch Täuschung und Verrat, Rätsel und Geheimnisse sowie schäbige wirtschaftliche Absichten oder sonstwie eigennützige menschliche Egoismen, die den Triumph des Grauens erst ermöglichen. Das hat bereits Ridley Scotts „Alien“ (1979) durchdekliniert und die nachfolgenden Filme von James Cameron (Aliens, 1986), David Fincher (Alien³, 1992) und Jean-Pieree Jeunet (Alien: Resurrection, 1997) haben mit unterschiedlicher Qualität die Geschichte bis zum bitteren Ende ausgesponnen und ein geschlossenes Universum geschaffen, das bis heute die visuellen Parameter für die Art und Weise, wie wir uns Monster im Weltall vorzustellen haben, festgelegt hat.

Dass er nicht im falschen Universum ist, wird dem geschulten Publikum schnell klar, nachdem ein Expeditionsteam in ein dunkles Tunnelsystem eindringt, das unter gigantischen Pyramidenbauten liegt. Das Team entdeckt nicht nur eine riesige humanoide Gesichtsskulptur, die an den Konstrukteur aus der Pre-Title-Sequence erinnert, sondern später auch eine Abbildung, die den berüchtigten Xenomorph darstellt, jenes tödliche Alien, das später die „Nostromo“ verwüsten wird. Eins ist klar: hier geht es nicht mit rechten Dingen zu.

Kryptischer Plot 
Doch was ist hier vor Jahrtausenden geschehen? Nach der kurzen Exposition breitet Ridley Scott im Hauptteil ein labyrinthisches Geflecht von Andeutungen und Rätseln aus, das sehr viel Dunkel ins Licht bringt: in einer holografischen Aufzeichnung sieht man die vermeintlichen Konstrukteure vor einer unbekannten Gefahr fliehen, man findet einen Enthaupteten, dessen Tod auf 2000 Jahre zurückdatiert werden kann. Und in riesigen Fässern ist ein geheimnisvolles Öl eingelagert (Akte X lässt auch hier grüßen), das offenbar völlig unterschiedliche Wirkungen besitzt und rasch Würmer zu gefährlichen Monstern und achtlose Besatzungsmitglieder zu entstellten Killermaschinen mutieren lässt. Und als Untersuchungen zeigen, dass die DNA der auf geheimnisvolle Weise ausgerotteten Konstrukteure zu hundert Prozent menschlich ist, wird zumindest dieser Teil der Vision von Elisabeth Shaw bestätigt.
Je länger man versucht, die dunklen Andeutungen in „Prometheus“ zu entschlüsseln, desto verrätselter wird der Plot. Und dies scheint kein Zufall zu sein, sondern Kalkül, denn der serienerfahrene Drehbuchautor Damon Lindelof („Crossing Jordan“, „Lost“), der das erste Script von Jon Spaihts („The Darkest Hour“) in die von Scott gewünschte Richtung lenkte, dürfte nicht zuletzt dank der Zusammenarbeit mit J.J. Abrams genau wissen, wie man eine Geschichte in einen Mix aus Mystery, Sci-Fi und Actiondrama verwandelt und mit ein paar philosophischen Häppchen so anreichert, dass sich dank eines ausgefeilten Metaplots die Story beliebig verlängern lässt, ohne dass alle Rätsel gelöst werden müssen. „Prometheus“ ist daher auch in gewisser Hinsicht „Fringe“, bloß nun für’s große Kino.
Warum findet man in den Höhlen eine riesige Skulptur des Xenomorph, wenn dieser doch erst am Filmende zum ersten Mal auftaucht? Sind die anderen Monster neue Aliens oder Vorläufer des „Chestburster“? Ist das in tausenden Behältern eingelagerte dunkele Öl eine Massenvernichtungswaffe, mit der die Konstrukteure die menschliche Rasse auslöschen wollen, so glaubt es jedenfalls Janek, oder hat es ganz andere Funktionen und die Hypothese vom großen Genozid an unserer Spezies durch ihre eigenen Schöpfer ist ein verhängnisvoller Irrtum, der am Ende zudem noch für ein tödliches Finale verantwortlich ist.

Mittlerweile ist auch das Internet voll mit spekulativen Theorien über die Veränderungen, die „Prometheus“ in die Mythologie[2] eingeführt hat. Ridley Scott hat diesen Hype durch einige durchaus spannende Andeutungen[3] über Kreationismus und Darwinismus angeheizt und durch Überlegungen zu John Miltons „Paradise Lost“ abgerundet. Natürlich gibt „Prometheus“ keine endgültige Antwort auf all diese Fragen, verweist aber mit einem riesigen Zeigefinger auf eine mögliche Fortsetzung. Wetten, dass uns auch dieser Film keinen Schritt weiterbringen wird?
Am Ende ist es ein wenig wie bei „Fringe“: man interessiert sich mehr für die Schrulligkeiten Walters und das Love Interest von Olivia und Peter und weniger für die mysteriösen „Beobachter“ und die Zeitlinienverschiebungen innerhalb der Paralleluniversen.

Der Androide und die Spirituelle
In „Prometheus“ gibt es Love Interest nur am Rande. Dafür wird ein seltsames Paar zusammengeschmiedet, das am Ende in eine ungewisse Zukunft davonfliegt: es sind David, der Androide, und Elizabeth, die gläubige Wissenschaftlerin.
David (exzellent von Michael Fassbender gespielt) ist auf seine ganz eigene Weise ein Freak: während die Besatzung auf der langen Hinreise im Kälteschlaf liegt, schaut sich der intelligente, aber emotionslose (?) Roboter mit Hingabe (!) David Leans „Lawrence of Arabia“ an, stylt sich à la Peter O’Toole und übt indogermanische Sprachen, um mit den Konstrukteuren kommunizieren zu können. David wird es als Teil einer allzumenschlichen Intrige gelingen, der eigentlich unfruchtbaren Elizabeth zu einer Schwangerschaft der morbiden Art zu verhelfen , indem er Charlie Holloway einen Tropfen des schwarzen Öls ins Getränk mischt. Nachdem dieser mit der Archäologin geschlafen hat, wächst rasch etwas Beunruhigendes in deren Bauch heran.
Die Szene, in der sich Elizabeth in einem vollautomatischen Operationstank einen krakenähnlichen Fötus aus dem Leib schneiden lässt, lässt folgerichtig Erinnerungen an die ambivalente Natur der Mutterrolle von Sigourney Weaver hochkommen, zeigt aber auch, dass der Body Horror, den wir aus „Alien“ kennen, durchaus gesteigert werden kann.
Mit David und Elizabeth ist Lindelof und Scott auf jeden Fall ein denkwürdiges Paar gelungen. Während David mit elegantem Charme und eiskalter Berechnung das vorbereitet, was die zynische Expeditionsleiterin Meredith Vickers und ihr größenwahnsinniger Vater Peter Weyland (Guy Pearce) geplant haben, sucht Elizabeth mit der unerschütterlicher Gläubigkeit eines Fox Mulder die Ursprünge der menschlichen Existenz. Beide werden, jeder auf andere Weise, missbraucht, um den Wunsch nach ewigem Leben zu erfüllen, der alleiniger Grund der Reise ist und – wen wundert’s – natürlich in den Tod führt. 
Am Ende kommt es zu einem der schönsten Dialoge im Film: Peter Weyland liegt sterbend auf dem Boden, neben ihm der abgerissene Kopf von David, und der Tycoon, der Gott sein wollte, murmelt mit einem prophetischen Blick ins Jenseits: "Da ist nichts!" Und David, genauer gesagt sein Kopf, antwortet mit einem charmanten Lächeln: "Ich weiß."

Handwerklich überragend
Scott gelingt es trotz der enigmatischen Plotstruktur tatsächlich, die Figurenzeichnung einigermaßen im Griff zu behalten und die Charaktere so auszuarbeiten, dass sie mehr sind als Stichwortgeber in einem ruhelosen Actionspektakel, aber eine emotionale Bindung des Zuschauers an das Motivgemenge will dennoch nicht recht gelingen. Vielleicht liegt dies auch an den 25 Minuten, die Scott für die immer noch über zwei Stunden lange Kinofassung herausgeschnitten hat. Ein Director’s Cut ist nicht vorgesehen, aber was heißt das schon? Immerhin hat die 20th Century Fox die Strategie aufgegriffen, erfolgreiche TV-Serien durch spezielle Webisodes (kurze zusätzliche Episoden, die im Internet gestreamt werden) zu ergänzen und eine ziemlich sehenswerte Website kreiiert, in der sich überraschend aufwendig die fiktiven „Weyland Industries“ vorstellen dürfen.[4]
Dass der Film nicht aus den Gleisen fliegt, liegt aber auch der unaufgeregten Inszenierung Ridley Scotts, der weitgehend offene Einstellungen bevorzugt und auf ein starkes Team zurückgreifen konnte: der zweimalige OSCAR-Gewinner und Cutter Pietro Scalia arbeitet regelmäßig mit Scott zusammen (u.a. Gladiator, Hannibal, Black Hawk Down, American Gangster) und hat zuletzt „The Amazing Spider-Man“ geschnitten. Der in Polen geborene Kameramann Dariusz Wolski war u.a. für alle Teile von „Pirates of the Caribbean“ verantwortlich und hat durchaus auch ein Faible für düstere Settings. Herausgekommen ist ein in handwerklicher Hinsicht absolut überragender Sci-Fi-Film, der einige Schauwerte abliefert, wie man sie von gutem Genrekino erwarten darf.

Die Büchse der Pandora: Drei Jahrhunderte Darwinismus – ein Witz?
Dass ausgerechnet das Raumschiff den Namen einer mythischen Figur trägt, diente Scott sicher als wichtiger Baustein im Puzzle seiner Themenwelt. In der griechischen Mythologie ist Prometheus ein Titan, der die Menschen aus Ton formte und die olympischen Götter betrog, als sie von den Menschen ein angemessenes Opfer verlangten. Für diesen Fehltritt wurden aber die Menschen bestraft: ihnen wurde das Feuer vorenthalten. Als Prometheus gegen den Willen der Götter den Menschen das Feuer dennoch schenkt, werden die Götter endgültig sauer und schicken eine reizende Jungfrau auf die Erde, die den Menschen eine geheimnisvolle Büchse schenkt. Als sie geöffnet wird, schweben alle denkbaren Übel heraus und verwüsten den Planeten. Nur die Hoffnung (!) bleibt in der eilig verschlossenen Büchse. Und Prometheus? Der wird im Kaukasus an einen Felsen gefesselt, wo ihm tagtäglich ein riesiger Adler die Leber aus dem Leibe hackt[5]. Das ist schon eine ziemlich steile Vorlage für einen Film.

Als die Prometheus über LV 223 schwebt und die Crew von Shaw über ihre Mission informiert wird, bemerkt ein Exo-Geologe zynisch: „Drei Jahrhunderte Darwinismus – ein Witz?“ Wenn es ein zentrales Thema in „Prometheus“ gibt, dann ist dies weniger die Frage nach der Herkunft des Xenomorph, sondern die nach den Grenzen eines Genrefilms. Wie weit kann man das Genre ausreizen, wann wird es überdehnt?
Ridley Scotts „Alien“ zog einen Großteil seiner Wucht aus der vergleichsweise straight gestrickten Story, ihrer klaustrophobischen Atmosphäre und dem brillanten Set-Design H-R. Gigers. „Prometheus“ will dagegen gute Mainstream-Kost bieten, dabei aber auch die Kohärenz unsere kulturellen Mythen auf den Prüfstand stellen und dabei einen Blick auf unsere materialistische Wissenschaftsgläubigkeit werfen. Im enigmatischen Plot von „Prometheus“ wird daher einiges durchgekaut, was bereits Stanley Kubrick in „A Space Odyssee“ zu einem bildgewaltigen Rätsel geführt hat. Und dabei offenbart uns der Film Ridley Scotts eher eine deutlich skeptischere Einsicht: entweder ist die Evolution ein verblüffender Zufall oder man tut gut daran, die Büchse der Pandora nicht zu öffnen.

Alien: Prometheus
Ein Spagat, der einiges abverlangt. Auch in Hinblick auf die Geschlossenheit des „Alien“-Universums.
Ist „Prometheus“ ein richtiges Sequel oder nicht?
Es ist eins: Scott bietet trotz einiger anderlautender Aussagen in „Prometheus“ nicht im Geringsten ein Standalone-Movie. Der Film ist ein völlig schlüssiges Alien-Prequel, das alle Ingredienzien des Alien-Universums bereit hält: eine fatale Erkundungsreise zu einem mysteriösen Planeten; technologische Hybris und weitgehende Amoralität werden erneut durch einen Großkonzern repräsentiert, die Weyland Industries; wie in Alien 1-4 steht eine Frau im Mittelpunkt, die erneut eine fast letale Mutterrolle übernehmen muss; auch ein allen anderen intellektuell überlegener Androide darf nicht fehlen (ihm wird am Ende konsequent der Kopf von den Schultern gerissen), und selbstverständlich gibt es auch die „Facehugger“ und „Chestburster“, jene monströsen Viecher, die sich unterschiedlicher Wirtskörper bedienen, um das Alien zu gebären.
Mit anderen Worten: eigentlich hätte der Filmtitel „Alien: Prometheus“ heißen können und nichts wäre daran falsch gewesen. Aber Ridley Scott hatte da zumindest bei den Vorplanungen ganz anderes im Sinn, denn sein Film trug ursprünglich den Arbeitstitel „Paradise“ – und das mit einer gewollten Anspielung auf John Miltons „Paradise Lost“, jenem Epos, das zu einem gewaltigen Baustein der abendländischen Kultur wurde und dessen Hauptfiguren Satan und seine Schar der gefallenen Engel waren, jene „Dark Angels“, mit denen Scott die über-menschlichen „Konstrukteure“ in „Prometheus“ flapsig auf einen metaphysischen Punkt bringen will:
"In a funny kind of way, if you look at the Engineers, they're tall and elegant… they are dark angels. If you look at 'Paradise Lost,' the guys who have the best time in the story are the dark angels, not God." [6]

Ursprünglich war sogar angedacht, die geplante Vernichtung der Menschheit als Vergeltung für die Kreuzigung Jesu Christi zu zeigen. Jesus war demnach ein „Konstrukteur“, der die Menschheit reparieren sollte und stattdessen gekreuzigt wurde. Ridley Scott hat gut daran getan, darauf zu verzichten, weniger aus religiösen Gründen, sondern auch, weil auf diese Weise die Schmerzgrenze der Überdehnung des Plots schnell erreicht worden wäre.

Es ist so: an manchen Regisseuren kleben die guten Taten wie Pech und Teer. „Alien“ war ein Masterpiece. Man erwartet mehr davon. Ridley Scott kann das, das Potential ist auch nach vielen Jahrzehnten nicht verschwunden. Doch diesmal verfehlt er den großen Wurf ganz knapp. Vieles wirkt in „Prometheus“ so, als hätte er brillante Szenen in letzter Minuten zusammengeschnitten und gekürzt, während die Reste als Andeutungen im filmischen Raum schweben.
David: ein paar nuancierte Dialogpassagen mehr und aus der Figur hätte ein Genremythos werden können.
Aber vielleicht sind es die falschen Zeiten für Filme, wie sie Scott eigentlich machen kann. Es ist eine Zeit, in der man den zynisch-intellektuellen Clown kurz feiert, dann aber auf die bewährte Kampfmaschine setzt. Es ist die Entwicklung des Mainstream, die am Ende doch lieber Bane sieht und nicht den Joker. Aber vielleicht ist „Prometheus“ auch der Beginn einer Trilogie und auf den ersten Teil folgt wie bei Nolan ein blendender Höhepunkt vor dem Abstieg.

Remake ein Klassikers?
Was also haben wir gesehen? Zunächst einen fast schon tradionalistischen Science-Fiction-Film, der verblüffende Parallelen zum großen MGM-Klassiker Forbidden Planet" aufweist: auch dort gab es eine Mission zu einer unbekannten Welt, auf der eine überlegene Technologie tief unter der Erde auf die Besucher wartet. In beiden Filmen gibt es Raumschiffe, deren Namen aus der griechischen Mythologie stammen (in Forbidden Planet" wird nach dem verschollenen Raumschiff Bellerophon gesucht). In Prometheus" ist der Größenwahnsinnige bereits an Bord, in „Forbidden Planet" wartet er auf dem Heimatplaneten der Krell auf das Missionsteam. In beiden Filmen ist eine fragile Vater-Tochter-Beziehung ein zentrales Plot-Element, in beiden Filmen gibt es Roboter: „Robby the Robot" vs. David der Androide. Und: in beiden Filmen gibt es ein fürchterliches Monster, das seine Schöpfer komplett auslöscht.
Forbidden Planet" gibt es auf einer ausgezeichnet gemasterten Bluray zum Ramschpreis. Es lohnt sich, dort noch einmal die aus der 50th Anniversary DVD übernommene Dokumentation Watch the Skies: Science-Fiction, the 1950s and Us anzuschauen, um zu erfahren, wie Steven Spielberg, George Lucas, James Cameron und Ridley Scott über diesen Film erzählen, der 1956 im Sci-Fi-Genre die Schnittstelle zwischen B-Movie und superteurem A-Movie markierte. Man lernt dabei zumindest eins: die Kernplots des Genres liegen bereits seit Jahrzehnten vor und so gesehen ist „Prometheus" ein heimliches Remake der großen Klassikers, ohne den es „Star Wars" und „Star Trek" so nicht gegeben hätte.   
Wem dies zu filmhistorisch ist, den erwartet in „Prometheus" immerhin ein visuell außergewöhnliches, fast klassisch erzähltes Mystery Movie mit exzellentem Set-Design, mit der fälligen Portion Body Horror, angereichert mit delikaten metaphysischen Anspielungen und einem Skeptizismus, der Ridley Scott weder an die darwinistischen Evolutionstheorie noch an ein gelungenes göttliches Intelligent Design glauben lässt. Ein Film, der trotz einiger Ecken und Kanten und vieler Lücken einige spannende Figuren in das Alien-Universum eingeführt hat, die in Erinnerung bleiben werden und die hohe Erwartungen an das Sequel zum Prequel wecken. Und am Ende erwartet uns eine kurze Erinnerung an die „Nostromo“, die 33 Jahre später auf einem unsäglichen Planeten landen wird. Eins ist klar: „Alien“ wird man von nun an mit etwas anderen Augen sehen.

Noten: Klawer = 2, BigDoc = 2


[1] Hier lässt nicht nur Erich von Däniken grüßen, sondern auch Akte X: Zeta Reticuli spielt auch in einer der bekanntesten Entführungsgeschichte der Ufologie Anfang der 1960er Jahre eine Rolle, als ein amerikanisches Ehepaar behauptete, von Außenirdischen aus diesem Sternensystem entführt worden zu sein.
(hier untersucht der US-Kritiker Brad Brevet tiefschürfend die wahre Natur der Konstrukteure und ihre mögliche Nähe zu Friedrich Nietzsches „Also sprach Zarathustra“, allerdings mit einem Bierernst, die zumindest bei mir erstauntes Kopfschütteln ausgelöst hat, aber auch einigen Lesespaß!)
[5] Gedeutet wurde der Mythos unterschiedlich. Von Goethe bis Karl Marx haben unterschiedliche Dichter und Denker unterschiedliche Deutungen abgeliefert, aber es war der deutsche Philosoph Hans Jonas, der eine der interessanteren Lesarten lieferte: neue Technologien bringen auch neue Übel in die Welt (Büchse der Pandora) und erfordern somit ein neue Ethikkonzept im Umgang mit der entfesselten prometheischen Technik.